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Archiv-Artikel

Wir haben Brdaric

Beim 1:2 der Wölfe gegen Hannover stimmte nicht mal mehr der Einsatz. Dieter Heckings Einstand gelungen

Vor dem Stadion stand ein Häuflein relativ glücklicher 96er Anhänger und sang zu einem Häuflein relativ trauriger Wölfe-Anhänger rüber: „Wir haben Brdaric und ihr nicht!“ Wer hätte gedacht, dass der Tag kommen würde, an dem man jemanden damit neidisch machen kann.

Stürmer Thomas Brdaric, vom neuen Trainer Dieter Hecking von der Tribüne auf das Spielfeld zurückgeholt, hat mit engagiertem Spiel und zwei Treffern, einem spektakulären Volley (51.) und einem klassischen Mittelstürmertor (61.), seinem vormaligen Arbeitgeber am Freitagabend den Garaus gemacht.

Hannover, mit null Punkten, aber elf Gegentoren aus den ersten drei Spielen gestartet, verteidigte diesmal kompakt und konzentriert. „Die Basis“, fand der von Aachen abgeworbene neue Trainer Dieter Hecking, „war das Defensivverhalten, die größte Leistung, dass wir nach dem schnellen Ausgleich nicht zusammengebrochen sind.“

Ehrlich gesagt: Das Spiel war miserabel – und der Hauptverdienst daran gebührt dem VfL Wolfsburg. Kombinationsfußball existiert derzeit überhaupt nicht mehr, zwei angekommene Pässe in Folge sind eher die Ausnahme. Die manchmal atemberaubende Mischung aus schnellem Spiel und existenzieller Verve, mit der der VfL einst zu Hause die Gegner zu erdrücken pflegte, ist längst weg. Selbst der letzte Heimspielsieg datiert vom Februar. Mal ganz abgesehen vom fehlenden Unterhaltungswert: VfL-Trainer Klaus Augenthaler hat ein Problem, das ist keine Frage mehr. Dass er das weiß, kann man daraus schließen, dass er seine übliche Art der Verarbeitung durch ironische Distanzierung aufgegeben hat und die Profis frontal angeht. „Wenn die Mannschaft nicht kapiert, dass sie an die Schmerzgrenze gehen muss und um jeden Zentimeter kämpfen, werden wir uns schwer tun“, sagte er. Zuletzt hatten die Angreifer Klimowicz und Hanke trotz aller Probleme im Spielaufbau immerhin noch Chancen. Diesmal gab es gar keine mehr. Wer den armen Brdaric-Nachfolger Hanke auf dem Platz und bei Erklärungsversuchen zusah, konnte Mitleid kriegen. Man kann nur hoffen, dass er den Brdaric-Chor draußen nicht gehört hat. PETER UNFRIED